Sonntag, 8. Juli 2012

"Das Vermächtnis der Wanderhure" von Iny Lorentz

Zum Inhalt: Für Marie und Michel könnte es nicht besser laufen. Marie ist zum zweiten Mal schwanger und die beiden leben glücklich mit ihrer Tochter Trudi auf Burg Kibitzstein. Doch stur wie Marie nunmal ist, lässt sie es sich nicht ausreden, noch in ihrem schwangeren Zustand ihre Freundin Hiltrud zu besuchen. Die Reise nach Rheinsobern ist aber lang dort erfährt zudem ihre größte Feindin Hulda von Maries Schwangerschaft und lässt diese verschleppen.

Wieder einmal findet sich Marie in einer fast auswegslosen Situation wieder, denn sie wird ins ferne Russland verschleppt und Hulda schafft es, dass sogar Michel glaubt, seine Frau wäre tot. Kurzum wird er mit einer neuen Frau verheiratet und ist nicht mehr frei, als seine Frau doch wieder einmal den Weg nach Hause zurück findet.

Infos zum Buch: "Das Vermächtnis der Wanderhure", Knaur, Taschenbuch, 715 Seiten, 9,99 € | Bei Amazon kaufen

Meine Meinung: Es gab endlich mal wieder ein Wiedersehen mit Marie und Michel. Ich gebe zu, dass ich die Bücher von Iny Lorentz niemals nacheinander lesen könnte, denn natürlich sind sie stellenweise auch sehr kitschig. Wenn man dann so einen Schinken durch hat, braucht man erstmal Pause davon. Trotzdem freue ich mich auch immer wieder auf das nächste Buch. Wobei ich die Reihe der Wanderhure ja auch bald durch habe.

Auch in "Das Vermächtnis der Wanderhure" kommt wieder viel Kitsch vor, es wird wieder viel übertrieben und natürlich hat Marie auch wieder einmal mehr Glück als Verstand. Sicherlich ist sie fortschrittlicher als die meisten Frauen ihrer Zeit. Sie glaubt nicht blind an alles, was ihr Religion und Klassengesellschaft vorgeben, hinterfragt auch gern mal Dinge und fügt sich vor allem nicht bedenkenlos in eine ihr zugeteilte Rolle. Dadurch wäre sie sicherlich in vielen Situationen weitergekommen, als die meisten anderen Frauen. Aber dass sie nur deshalb ständig genau die richtigen Personen auf ihrer Seite hat, halte ich doch für etwas übertrieben.

Überhaupt muss ich sagen, dass mir im 3. Teil der "Wanderhuren"-Reihe doch so einiges sauer aufgestoßen ist, was ich bei den Vorgängern zumindest nicht so übertrieben wahrgenommen hatte. Vor allem scheint das Buch diesmal sehr zwischen zwei Extremen zu schwanken und dabei nur einen wackligen Spagat halten zu können. Auf der einen Seite ist die extreme Sexualität. Obwohl Maries Jahre als Wanderhure nun lange vorbei sind, handelt eigentlich alles nur von sexuellem Verlangen. Klar waren das damals andere Zeiten und Frauen hatten da sicher weniger Mitspracherecht, aber es vergehen wirklich kaum 10 Seiten, bis wieder die Rede von irgendeinem Schäferstündchen, einer Vergewaltigung oder "ehelichen Pflichten" ist. Dabei bringt das in diesem Buch wirklich die Geschichte nicht oder kaum weiter. Auf der anderen Seite sind die wirklich lang und ausgiebig beschriebenen politischen Situationen und Schlachtszenen. Kein Schwerthieb vergeht, ohne im Detail beschrieben zu werden. Insgesamt merkt man sehr gut, dass hier ein älteres Paar das Buch geschrieben hat, wobei beide ihr Augenmerk auf unterschiedliche Schwerpunkte gelegt haben. Doof nur, wenn man wie ich mit beidem in diesem Fall nicht mehr viel anfangen konnte. Deshalb habe ich diesmal wirklich sehr viele Stellen mehr überflogen als gelesen.

Die Geschichte selbst ist dafür aber wieder mal sehr originell. Zunächst hatte ich ja befürchtet, dass sie dem Vorgänger zu sehr ähnelt und im Kern tut sie das ja auch. Wieder sind Marie und Michel getrennt, wieder muss Marie eine lange Reise auf sich nehmen und wieder gibt es jede Menge glückliche Zufälle. Aber dadurch, dass die Ausgangssituation diesmal eine andere ist und dass es Marie in eine ganz andere Ecke verschlägt, ist doch wieder alles anders. Sehr gut umgesetzt finde ich hier die generelle Stimmlage in Russland. Allein durch die Beschreibung der Menschen dort und deren Sprache gibt das dem Buch eine andere Atmosphäre. Damals waren die Unterschiede zwischen den Menschen in den verschiedenen Ländern und Regionen ja noch viel größer als heute und das wird hier sehr gut dargestellt. Und nicht nur darin zeigt sich wieder mal, dass die beiden Autoren sich wirklich sehr gut vorbereitet und umfangreiche Recherche betrieben haben. Wie schon seine Vorgänger orientiert sich die Handlich wieder stark an der politischen Situation, wie sie damals nunmal war.

Ich muss also sagen, dass ich immer noch ein Fan von Iny Lorentz bin, allerdings weiß ich nicht, ob es eine so gute Idee war, die Geschichte der "Wanderhure" noch weiterzuführen, denn langsam scheinen Schlachten und Sex an vielen Stellen als Lückenfüller eingesetzt zu werden. Vielleicht hätten die beiden besser gleich an einem neuen Wert arbeiten sollen.

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